Von allem etwas – dies kann nahtlos auf die andalusische Natur übertragen werden. Von ausgedehnten, mediterranen Wäldern und zahlreichen Flüssen über schneebedeckte Hoch- und vegetationsreiche Mittelgebirge bis hin zu feuchten Sumpf-, kargen Vulkanlandschaften sowie den trockenen Halbwüsten vereint die Region Andalusien eine schier unglaubliche Vielfalt unterschiedlicher Landschaftstypen.

Durch die beiden Nationalparke Sierra Nevada und Doñana, 23 Naturparke und zahlreichen Naturreservate sowie –landschaften bleibt die vielfältigste und artenreichste Naturlandschaft Spaniens erhalten, sodass sie auch künftige Generationen mit ihrer Eigenart und Schönheit begeistern werden wird.

Eichenwälder, Weiden, Olivenhaine und die Spanische Tanne

Schon die Römer schrieben damals über die dichten, dunklen Wälder Andalusiens. Trotz der zunehmenden Kultivierung der Landschaft durch den Menschen und des Baus der spanischen Armada, ist die Region auch heutzutage noch waldreich. Absolut typisch für Andalusien und mediterranes Klima sind die im Tiefland und dem Mittelgebirge stockenden, immergrünen Stein- und Korkeichenwälder. Rosmarin, Thymian und andere typische Stauden in der Krautschicht bilden ein farbenfrohes Blütenmeer und sorgen für den ganz eigenen, typisch mediterranen Duft.

Immer wieder durchzieht auch Weideland die mediterranen Wälder. Schon seit Jahrhunderten sind Rinder, Schafe, Ziegen und Schweine durch die Wälder getrieben worden. Da sie hauptsächlich niedriges Gewächs und Gräser fressen und die Steineichen verschonen, zeichnen sie sich für das heutige Bild dieser immergrünen Eichenwälder durchaus mitverantwortlich.

In die mediterrane Naturlandschaft fügen sich auch zahlreiche Olivenhaine nahtlos ein, obwohl sie eigentlich erst als menschliches Kulturgut Verbreitung fanden. Weltweit ist Andalusien für sein hervorragendes Olivenöl bekannt. Rund 80 % der spanischen Olivenölproduktion beschränkt sich allein auf Spaniens südlichste Region.

Die ab 400 Metern Höhe bei ausreichender Luftfeuchtigkeit in der Sierra Morena wachsenden Korkeichen hingegen sind ein wichtiger Faktor der regionalen Korkproduktion. Mit zunehmender Höhe wird es jedoch auch den Korkeichen zu ungemütlich und sie werden nach und nach von Nadelhölzern abgelöst, bis schließlich im Hochgebirge nur noch reine Kiefern- und Pinienwälder vorzufinden sind. Wer nicht erst in die Berge steigen möchte, kann das nadelreiche Duo auch entlang der Küste bewundern.

Auch am Wasser, jedoch nicht am Meer, stockt eine Gemeinschaft aus Arten der Weich- und Hartholzaue. Weiden, Pappeln, Erlen, Eschen und Ulmen bilden an den feuchten, naturnahen Uferstandorten der Flüsse wie Guadalquivir, Genil oder Guadalete artenreiche Auenwälder. An den Flussoberläufen im Gebirge fühlt sich die feuchtigkeitsliebende Spanische Tanne besonders wohl. Dieser Nadelbaum ist nur in Südspanien und Marokko verbreitet, sodass die Vorkommen in der Sierra de Grazalema, der Sierra de las Nieves und der Sierra Bermeja schon etwas Besonderes sind.

Schneebedeckte Gipfel und Europas einzige Wüste

Rund um das flache, sich vom Südwesten in den Nordosten Andalusiens erstreckende Guadalquivir-Becken ist das Relief viel bewegter. Die Sierra Morena im Norden und der Gebirgszug der Betischen Kordillere mit der Sierra Nevada im Süden sind die beiden größten Erhebungen und bilden mit zahlreichen Ausläufern die bergige bis alpine Landschaft.

Besonders die schneebedeckten Gipfel der Dreitausender in der Sierra Nevada sind auffälliger Kontrast zum ansonsten warmen, von der Sonne verwöhnten Andalusien und zugleich eindrucksvolles Beispiel für die landschaftliche Vielfalt. Die Vegetation dort oben ist nur noch äußerst spärlich, denn die Gipfel sind von November bis Mai mit Schnee bedeckt.

In den Sommermonaten ist das Schmelzwasser von den Bergen nicht nur ein unverzichtbarer Wasserlieferant für die Gemüsekulturen im Tiefland, sondern versorgt auch die Städte Granada und Almería mit Trinkwasser. Hinter der Gebirgskette befindet sich das trockenste Gebiet ganz Andalusiens. Die vom Mittelmeer herangewehte feuchte, wolkenreiche Luft regnet vor der Sierra Nevada ab, sodass dahinter, im Regenschatten des Gebirges, sich die einzige Wüste Europas bilden konnte. Die Halbwüste Tabernas in der Provinz Almería ist die regenärmste und zugleich sonnenreichste Region Andalusiens.

Eine vielfältige Landschaft bietet Lebensraum für eine reiche Fauna

Während die wärmeliebenden Reptilien, Schlangen und Skorpione gemeinsam mit Greifvögeln wie dem Habicht, Rötelfalke sowie Wander- und Zwergadler das trocken-heiße Klima der Halbwüste Tabernas bevorzugen, fühlt sich das Gros der Tiere eher in Andalusiens kühlerer und feuchterer Wald- und Gebirgslandschaft zuhause. Rotwild, Wildschweine, Dachse und Füchse sind wohlbekannte Arten, die auch in den mitteleuropäischen Wäldern weit verbreitet sind. Im Herbst jeden Jahres sammeln sich Rot- und Schwarzwild in den mediterranen Eichenwäldern, um sich dort den nötigen Winterspeck anzufressen.

Eine nicht nur in Andalusien, sondern auch weltweit sehr selten gewordene Tierart ist der Wolf. Die andalusische Population ist neben dem großen iberischen Vorkommen im Nordwesten Spaniens nur einer von zwei Wolfsbeständen. Die andalusische Population aus rund 50 Tieren besitzt in der Sierra Morena ihr Revier. Trotz seiner Unterschutzstellung werden die scheuen Jäger noch immer insbesondere von Viehhirten und –züchtern verfolgt.

Doch auch andere Raubtiere streichen in Andalusiens Natur umher. Wild- und Ginsterkatze, aber auch Steinmarder und Manguste finden hier einen geeigneten Lebensraum und ausreichend Beute. Zwei majestätische, doch zugleich auch vom Aussterben bedrohte Vertreter der Tierwelt sind der andalusische Pardel-Luchs und der Iberische Kaiseradler.

Die scheue Großkatze fiel vor Jahrzehnten einer Seuche unter seinen Hauptbeutetieren, den Wildkaninchen, zum Opfer, wodurch sein Bestand erhebliche Verluste hinnehmen musste. Schätzungsweise nur noch 30 Tiere soll es in Andalusien geben, wovon die meisten im Nationalpark Coto de Doñana vorkommen. Einer ebenso bedrohlichen Lage ist der Iberische Kaiseradler ausgesetzt. Mit seinen 17 Paaren ist er der am stärksten bedrohte Greifvogel Europas. Habichts-, Schlangen- und Fischadler hingegen lassen sich sehr viel häufiger in der Luft beobachten. So auch der Gänsegeier, der nicht wie sein kleiner Bruder, der Mönchsgeier in den Steineichen nistet, sondern in den steilen Felswänden der Sierra de Grazalema heimisch ist. Weitere typische Gebirgsbewohner Andalusiens sind das auf den Gebirgswiesen und –weiden grasende Wildschaf, das Mufflon, als auch der mit seinen gut 1 Meter langen Hörnern imponierende Iberische Steinbock.

Ein echtes Vogelparadies ist im Nationalpark Doñana gelegen. Hier rasten und brüten nicht nur tausende Vertreter verschiedener Reiherarten, sondern auch zahlreiche Kraniche und der auffällige Rosaflamingo. In den Gewässern entlang der andalusischen Küste herrscht hingegen ein beachtlicher Reichtum an Fischen, Krusten- und Weichtieren. Wer sich für größere Meeresbewohner begeistern kann, dem sei ein Ausflug an die Straße von Gibraltar an das Herz gelegt. Grind-, Pott- und Finnwale sowie Orcas und Delfine sorgen dort für ein unvergessenes Schauspiel, das die Erinnerung an Andalusiens Natur und Landschaft auf besondere Art und Weise aufrechterhält.