Olivenöl aus Andalusien – der Geschmack des „grünen Golds“ erinnert an brütend heiße Sommertage und gleißendes Sonnenlicht. Wer den leicht bitteren und etwas herben Geschmack noch nie auf der Zunge verspürt hat, kann sich wahrscheinlich nur schwer vorstellen, weshalb das samtige Öl vielen Feinschmeckern wie ein verführerisches Destillat der Sonne erscheint.(Foto: © Irina Sen #479750987 – stock.adobe.com)
Olivenöl und der Mittelmeerraum sind seit jeher untrennbar miteinander verbunden. In der Kulturgeschichte der Menschheit tauchte der Olivenbaum immer wieder auf. Zudem steht die Bedeutung der Oliven mit vielen Legenden und Mythen in Verbindung. Laut griechischer Mythologie gilt der Olivenbaum als ein Geschenk von Athene. Der Legende zufolge wetteiferte die Göttin der Weisheit mit dem Meeresgott Poseidon um Vormachtstellung in Attika. Indem Athene laut der Erzählung einen Olivenbaum wachsen ließ, gewann sie die Gunst der Bewohner für sich.
Im Laufe der Zeit avancierte der Olivenbaum zum Symbol für Stärke und Fruchtbarkeit – basierend auf dessen Fähigkeiten, auch auf trockenen und kargen Böden zu gedeihen. Phoenizier führten das Olivenöl erstmals um 1.050 v. Chr. aus dem Libanon und Syrien bis nach Spanien ein.
Auch wenn in ganz Spanien mehr als 100 Olivenarten gedeihen, nutzen Einheimische nur 24 dieser Arten zur Herstellung von Olivenöl. Eines der größten Anbauzentren befindet sich in Andalusien, in dem Olivensorten wie Picudo, Verdial, Picual, Lechin und Hojiblanca konsumiert werden.
Keine Olive ist wie die andere. Deshalb gibt es für das Olivenöl auch verschiedene Verwendungszwecke.Der kulinarischen Vielfalt sind deshalb nur wenige Grenzen gesetzt.
Die überwiegend in Córdoba und Baena gedeihende Olivenölart Picudo zeichnet sich mit einem Ölanteil von 20 Prozent durch den milden und fruchtig-frischen Nachgeschmack aus. Das leicht weiß-rötlich schimmernde Olivenöl ist besonders gut als Snack auf dem Tisch, für Pasten oder Salate geeignet. Verdial gedeiht in ganz Andalusien. Das in Blau oder Grün schimmernde Olivenöl hat besonders große Früchte, die mit einem Ölanteil von 22 Prozent sehr mild schmecken. Weil der Fruchtanteil im Vergleich zum Kern bei dieser Olive besonders groß ist, eignet sich diese Olivenart ideal als Vorspeise.
Besonders häufig wird die Ölsorte Picual für die Zubereitung von spanischem Olivenöl verwendet. Die Olive gedeiht zwar vorwiegend in der Provinz Jaén. Doch auch in vielen anderen Gebieten wird Picual kultiviert. In Ebenen angebaute Picual-Oliven schmecken für gewöhnlich bitterer als aus den Bergen stammende Sorten.
Die meisten Genießer lassen sich dieses Olivenöl für Salate oder Gazpacho schmecken.Die Sorte Lechin schmeckt mit Süßigkeiten und Tapas besonders gut. Da deren Ölgehalt nur etwa 16 Prozent beträgt, wird diese Sorte häufig mit anderen Olivenölarten vermengt. Eine Eigenheit der in Sevilla und Granada angebauten Ölsorte ist ihr milchig-weißer Farbton. Die Frucht selbst schimmert Dunkelblau.
Die Olivensorte Hojiblanca spielt für die Produktion von Olivenöl in Andalusien ebenfalls eine wichtige Rolle. Dank ihres mandelähnlichen und bitteren Nachgeschmacks eignet sich diese Art ideal zur Zubereitung von Pasten oder zum Braten. Die südlich von Córdoba und nördlich von Málaga gedeihende Olivenölsorte trägt schwarze Früchte.
Die Landschaft Andalusiens und die Olivenölherstellung sind untrennbar miteinander verbunden. Auch wenn Olivenbäume in ganz Spanien gedeihen, konzentrieren sich 80 Prozent der spanischen Anbaufläche auf Andalusien. Allerdings schmeichelt das Olivenöl nicht nur dem Gaumen.
Ebenso faszinierend ist der Anblick üppiger Olivenölplantagen, die sich am Horizont zu verlieren scheinen.Schier endlose Plantagen verleihen der Region Andalusien ihren unverwechselbaren Charakter.
Besonders sehenswert ist die Olivar de Juanar. Dieses 870 Meter über dem Meeresspiegel gelegene Hochtal ist im Norden von Marbella mit besonders vielen Olivenbäumen gesäumt. Im Gegensatz zu anderen Plantagen ist die Olivar de Juanar ein öffentlicher Olivenhain, der in erster Linie von Bewohnern umliegender Dörfer gepflegt wird. Die Mühen dieser Andalusier werden außerdem damit belohnt, dass Einheimische die Olivenbäume auch ernten dürfen.
Doch bevor andalusische Olivenbäume Früchte tragen, ist viel Geduld gefragt. Einige Olivenbäume müssen erst viele Jahre reifen, bis sie zum ersten Mal Früchte tragen. Zusätzlich können Andalusier deren Ertrag steigern, indem sie die Bäume regelmäßig verschneiden. Andalusisches Feuerholz besteht zumeist ebenfalls aus Olivenbäumen.
In ganz Spanien gedeihen rund 300 Millionen Olivenbäume, die mit etwa 1,2 Billionen Litern Olivenöl pro Jahr rund 44 Prozent des Angebots weltweit ausmachen. Deshalb ist die Olivenölherstellung in Andalusien einer der wichtigsten Wirtschaftszweige überhaupt. Mehr als ein Drittel der andalusischen bäuerlichen Bevölkerung widmet sich der Herstellung und dem Anbau von Olivenöl.
Insbesondere Jaén ist mit etwa 60 Millionen Olivenbäumen zum Zentrum der Olivenölherstellung avanciert.Weil dieses Hauptanbaugebiet ungefähr 40 Prozent der Gesamtproduktion von ganz Andalusien übernimmt, hängt ein Großteil der Wirtschaft von der Olive ab. Mittlerweile ist sogar von der Errichtung einer Olivenstraße die Rede, auf der Kleinbauern und Betreiber von Ölmühlen spezielle Kochkurse und Ölverkostungen anbieten wollen. Möchten Besucher der Olivenstraße den Bauern bei der Ernte unter die Arme greifen, sind sie ebenfalls gern gesehene Gäste.
Auf den meisten Olivenhainen nehmen Bauern die Oliven manuell ab. In den meisten Anbaugebieten ist es schlichtweg nicht möglich, die Früchte mit speziellen Rüttelmaschinen zu ernten. Zumeist nutzen Bauern für die Ernte einen langen Holzstab namens Vara, mit dem sie die Oliven in darunter angehängte Netze schlagen.
Damit die Früchte keine Schäden erleiden, streifen sie die Oliven dann schonend von den Zweigen. In Ölmühlen werden die Früchte von Blättern und Verschmutzungen befreit. Nachdem die Oliven gewaschen und durch Mühlsteine zur Paste verarbeitet werden, wird die Paste mit Wasser vermengt, bis daraus verklumpte Ölmoleküle entstehen. Nun wird die Paste mechanisch ausgepresst, bis das Wasser entfernt ist. Anschließend tritt zum ersten Mal das grüngold schimmernde Öl aus. Gelingt die kalte Pressung perfekt, darf das Öl einen Säuregrad von 0,8° nicht überschreiten. In dem Fall erhält das Olivenöl die Qualitätskennzeichnung als „Virgen Extra“.
Je hochwertiger das Olivenöl ist, desto eher achten Olivenöl-Hersteller auf eine schonende Produktion. Dann wird die Paste mit erhitztem Wasser vermengt und das Öl durch Zentrifugieren herausgepresst. Olivenöl darf nur die Herkunftsbezeichnung D. O. tragen, wenn die Öle die Qualitätsstufen Virgen oder Virgen Extra besitzen. Viele Oliven werden zwar zu Olivenöl, Tafeloliven oder Tapenade als Olivenpaste verarbeitet. Doch zusätzlich ist die Olive auch in der Kosmetikindustrie von Bedeutung. Für die Herstellung von Cremes, Körperlotionen oder Seifen ist die Frucht ebenfalls geeignet.